Ist das bürgernah?

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Hopsten Informationstafel 2Es ist eine eingespielte Übung, daß die Tagesordnungen der Gemeinderatssitzungen sowie deren Beschlüsse öffentlich bekanntgegeben werden. Dafür gibt es in jedem, noch so kleinen Flecken einen Schaukasten. Das war so. Das kennt jeder Bürger.

Nun schlug das Amt Züssow vor, diese Praxis aufzugeben und stattdessen die Informationen online zu veröffentlichen. Und auch die Gribower Gemeindevertreter stimmten dem zu.

In mehreren Gemeinden des Amtes Züssow (Landkreis Vorpommern-Greifswald) könnten Bürger bald nur noch aus dem Internet erfahren, wann ihre Gemeindevertreter öffentlich beraten. Die Gemeindevertreter in Groß Kiesow, Lühmannsdorf, Bandelin und Gribow stimmten, einer Empfehlung der Amtsverwaltung Züssow folgend, für eine entsprechende Änderung der kommunalen Hauptsatzung.

lese ich in der Ostsee-Zeitung. Ich halte das für grundfalsch.

  1. In einem Gebiet mit der dünnsten Netz-Abdeckung überhaupt wird öffentliche Kommunikation derart kanalisiert?
    Haben sich denn die Herren und Damen Bürgervertreter vor der Abstimmung über die Netz-Verfügbarkeit und die Möglichkeit der Netz-Nutzung in den Gemeinden informiert ?
  2. Die Gemeinden haben eine Informationspflicht. Der Zugang zu den Informationen muss kostenfrei und direkt möglich sein. So wird diese Pflicht nicht umgesetzt. Man kann die öffentliche Informationspflicht nicht auf private Technik-Investitionen Einzelner  umwälzen und damit alle erreichen.
  3. Angesichts des sog. demographischen Wandels ist diese Entscheidung in meinen Augen ein Schildbürgerstreich.
  4. Auf der Webseite des Amtes Züssow, http://www.amt-zuessow.de/, finde ich keinerlei Informationen zu dieser Thematik. Im Amtsblatt des Amtes Züssow fand ich dazu auch keine Informationen. Der Sitzungskalender der Gemeinden ist auf der Webseite des Amtes allerdings unter „Gremien“ zu finden (ich hatte unter „Informationen“ gesucht…)
  5. Ist es so aufwendig, die Bekanntmachungen in den Schaukästen der  15 Gemeinden des Amtes Züssow anzubringen? Sind die Angestellten des Amtes so ausgelastet? Gibt es niemanden, dem diese Aufgabe übertragen werden kann?
  6. Ein-Euro-Jobber übernehmen in den Gemeinden die Pflege der Bürgersteige, aber die Bestückung der Schaukästen ist nicht durchführbar?
  7. Was spricht gegen die Information im Netz neben dem bisherigen Aushang?
  8. Was kostet der Unterhalt diesers Schaukästen? Werden die vorhandenen Schaukästen nun abmontiert oder bleiben sie verwaist oder inhaltsleer wie gewohnt stehen?

Ich halte diese Entscheidung für fatal.
Statt die Information den Bürgern nahe zu bringen, werden die Bürger ausgegrenzt.
In Zeiten wachsenden Politikverdrusses entfernt sich die Verwaltung noch weiter von den Bürgern.

Seit der Kreisreform hier im VolksGenossen-Kreis Vorpommern-Greifswald hat sich die Kreis-Verwaltung stark von den Bürgern entfernt, Zuständigkeiten sind nicht mehr klar, öffentliche Einrichtungen (Ämter, Behörden) sind mit dem ausgedünnten Öffentlichen Personen-Nahverkehr nicht mehr erreichbar, da fällt es gar nicht mehr auf, daß auch die Informationen des Amtes Züssow nicht mehr erreichbar sind?

Nachtrag:
Aus der Neufassung der Hauptsatzung der Gemeinde Gribow: (ich konnte allerdings keine Unterstreichungen zur Kenntlichmachung der Änderungen hier erkennen)

§ 7 Öffentliche Bekanntmachungen

(1) Öffentliche Bekanntmachungen der Gemeinde Gribow  erfolgen durch Veröffentlichung im Internet auf der Homepage des Amtes Züssow unter der Adresse www.amt-zuessow.de. Das Ortsrecht ist über den Link/den Button „Bekanntmachungen“ zu erreichen. Beim Amt Züssow, Dorfstraße 6, 17495 Züssow, kann jedermann sich Satzungen der Gemeinde kostenpflichtig zusenden lassen. Textfassungen der Satzungen der Gemeinde werden zur Mitnahme während der Öffnungszeiten in den Bürgerbüros des  Amtes Züssow bereitgehalten und im Züssower Amtsblatt zeitnah abgedruckt.

Die Bekanntmachung und Verkündung ist mit Ablauf des ersten Tages bewirkt, an dem die Bekanntmachung in der Form nach Satz 1 im Internet verfügbar ist. Dieser Tag wird in der Bekanntmachung vermerkt.

(2) Auf die gesetzlich vorgeschriebene Auslegung von Plänen und Verzeichnissen ist in der Form des Absatzes 1, Satz 1 hinzuweisen. Die Auslegungsfrist beträgt einen Monat, soweit nicht gesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Beginn und Ende der Auslegung sind auf dem ausgelegten Exemplar mit Unterschrift und Dienstsiegel zu vermerken.

(3) Ist die öffentliche Bekanntmachung einer ortsrechtlichen Bestimmung in üblicher Form infolge höherer Gewalt oder sonstiger unabwendbarer Ereignisse nicht möglich, so ist diese durch Aushang an der Bekanntmachungstafel in Gribow, Chausseestraße 35 (Stellplatz Glascontainer)   zu veröffentlichen. Die Aushangfrist beträgt 14 Tage. In diesen Fällen ist die Bekanntmachung in der Form nach Absatz 1 unverzüglich nachzuholen, sofern sie nicht durch Zeitablauf gegenstandslos geworden ist.

(4) Zeit, Ort und Tagesordnung der Sitzungen der Gemeindevertretung sowie der Ausschüsse werden mindestens 3 Tage vor der Sitzung öffentlich im Internet, zu erreichen über den Link „Gremien“ über die Homepage des Amtes Züssow unter: www.amt-zuessow.de bekannt gemacht,  Für Punkte der Tagesordnung, die nicht öffentlich behandelt werden sollen, gilt dies nur insoweit, als dadurch der Zweck der Nichtöffentlichkeit nicht gefährdet wird. Die Bekanntmachung und Verkündung ist mit Ablauf des ersten Tages bewirkt, an dem die Bekanntmachung in der Form nach Satz 1 im Internet verfügbar ist.